29. Etappe - Cividdale-Golo-Brdo

29. Wandertag Cividdale – Golo Brdo

Als wir aufwachten, krachte es draußen genauso wie am Abend zuvor. Gewitter und Starkregen. Die Fensterläden, die nicht richtig verankert waren, schlug es gegen die Häuserwände und sie verursachten neben dem Donner noch einmal Krach extra. Der Himmel war dunkel, obwohl es schon halb Acht war. Zum Aufstehen war die Motivation, wie bei einem Schwein zum Metzger zu gehen. Der Wandertag war im Buch als leicht ausgezeichnet. Die Gehzeit belief sich auf weniger als 4 Stunden, wir konnten gemütlich durch die Weinberge schlendern und wenn es sein musste, auch erst Mittag starten. Toma hatte die Skizze der Tagesetappe schon mit „Hurra“ allen am Vortag per WhatsApp verschickt und von einem Supertag gesprochen. Übermut tut selten gut. Die Hochstimmung von gestern wich schnell einer Ungewissheit und Ratlosigkeit, vielleicht sogar ein wenig Panik schwang mit. Frühstücken, Kräfte sammeln und die Wirtin nach dem Wetter fragen. Da ja alle Apps und Vorhersagen bisher nicht das gehalten hatten, was sie versprachen, war ich nicht wirklich überzeugt eine verbindliche Auskunft zu erhalten. Die Wirtin schaute auf ihre App und sagte für heute 11 Uhr ein weiteres Gewitter voraus. Aus dem Frühstücksraumfenster war aber schon kein Regen mehr zu sehen. Wenn wir halb Acht noch geneigt waren, heute mit dem Bus oder Taxi zu fahren, überwog jetzt es doch, es zu Fuß zu versuchen. Unterwegs gab es viele Dörfer oder Häuser, wo man sich zur Not unterstellen konnte. Der Weg aus Cividale hinaus, war derselbe, wie der gestern in die Stadt hinein. Weiter ging es durch Felder, durch das nächste Dorf, in dem wir zum ersten Mal unterwegs auf einen Mitwanderer stießen, der heute den Alpe-Adria – Trail begonnen hatte. Wir teilten das Leid des schlechten Wetters. Uwe, aus der Pfalz, hatte aber einen riesen Vorteil, er hatte eine Regenradar-App, die ihn genau sagte, wenn es regnete oder sogar gewitterte. Wir sahen ja auch wenn es regnet oder blitz, hörten die Donner, aber eben erst in echt, nicht schon vorher auf der App. Das gab einen völlig neuen Entscheidungsraum, den wir auch gleich erleben und nutzen konnten. Wir wussten also genau, wenn die Wolken am Horizont über uns sein würden und ihr Wasser auskippen und konnten uns so darauf einrichten. Den ersten Regen warteten wir in einer Einfahrt zu einem Bauernhof ab, den zweiten vor einem Bed & Breakfast unter einem Vordach auf einer Holzbank. Letzterer war verbunden mit einem heftigen Gewitter, das sich auch punktgenau, wie in der App vorhergesagt, über uns entlud. Wir hatten viel mit Uwe zu erzählen (der mein Jahrgang war) und so merkte man gar nicht, wie die Zeit verging. Es ging durch eine liebliche Landschaft, Weingüter, Obstgärten, aber auch Olivenhaine kommerziellen Aufmaßes.
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Es wird hier ein ganz besonderer Wein angebaut, Schiopppenhauer, den es in der ganzen Welt nur hier gibt. Die Schilder am Wegrand zeigten, wir liefen auf einer Weinstraße. Die Weinstraße überquerte dann völlig unsichtbar die Grenze und wir waren wieder in Slowenien. Dann noch den Berg rauf und wir standen vor unserer Unterkunft, dachten wir. Der Regen war vorbei, am Horizont leuchtete ein blauer Himmel und die Wirtin kam wohl gerade vom Einkaufen und nahm uns in Empfang. Wir konnten wählen, erst Trinken oder erst in die Unterkunft gehen. Wir wollten trinken. Uwe wollte auch etwas essen. Wir bestellten eine Käseplatte. Die Wirtin servierte uns einen Korb mit leckeren Brot, einen Topf mit Honig und eine spezielle Käseplatte, bei der alle Käsesorten mit Lavendel zubereitet waren (alles natürlich selbst gemacht – wir waren auf einer Bio-Farm).
Die Wirtin sah aber nicht sehr glücklich aus, denn das Unwetter gestern hatte u.a. auch durch Hagel die Reben in Mitleidenschaft gezogen. Zitronengroße Hagelkörner wären niedergegangen. Wie am Anfang unserer Reise in Mallwitz.
Uwe genoss seinen Super-Speziellen Wein und alle den fantastisch schmeckenden Käse mit Honig.
Noch während des Essens verzogen sich die Wolken und die Sonne lugte vom Himmel herab, als wäre gar nicht passiert.
Die eigentliche Unterkunft war 400 Meter entfernt in einem separaten Haus, obere Etage – Zweimannzimmer unten, Single.
Es war erst 14.30 Uhr, wir waren bereits am Ziel, nicht allzu verausgabt, die Grillen summten, ab und zu bellte ein Hund, wir genossen den Blick auf die Ebene unterhalb des Hauses mit ihren Obstplantagen und Olivenbäumen.
Wenn wir jetzt so trocken am Tisch in freier Natur sitzen, ist das Unwetter schon gar nicht mehr so präsent. Ich hatte unsere Wirtin heute früh gefragt, ob solche Gewitter hier normal wären. Antwort: So etwas hätte sie noch nie erlebt (und die Stadt Cividale ist 2000 Jahre alt). Zu Cividale muss ich noch ein Wort verlieren. Diese nach ihrem Aussehen mittelalterliche Stadt ist ein kleines Schmuckstück. Viele alte ehrwürdige Kirchen, ein Kloster mit einem Unesco Kulturerbe – dem Langobardentempel, märchenhafte Anblicke der Stadt vom anderen Ufer des Flusses Torrenta Lesa und einem geheimnisvollen, unterirdischen Höhlensystem, dessen Funktion bis heute noch nicht geklärt ist. Leider hatten wir keine Zeit uns dies alles anzuschauen, aber vielleicht ein Grund, noch einmal zurückzukommen.