12. Etappe - Seeboden-Millstätter-Hütte

12. Wandertag Seeboden – Millstätter Hütte

Heute war der wohl bisher schwerste aber auch schönste Tag der bisherigen Wanderung.
Nachtrag: Nach dem Abendbrot war ich alleine am Millstätter See (also ohne Toma). Für meinen Geschmack gab es eigentlich nichts zu sehen. Es war auch nicht so leicht ans Ufer zu kommen, da das Ufer zugebaut ist, man also nicht an den See gehen kann, wegen der vielen privaten Seegrundstücke, nur an wenigen öffentlichen Plätzen.
Der Tag begann mit einem bombastischen Frühstück, gut gestärkt ging es also auf die Strecke.
Den Abstecher zum See, den der Trail vorsah, ließen wir aus. Heute morgen war die „A40“ nicht so voll, was mir aber auffiel, die Autos stanken. Das war mir lange nicht mehr so deutlich geworden, wie heute morgen. Wahrschein hat die gute Waldluft der letzten Tage meinen Geruchssinn wiederbelebt und geschärft. Der Einstieg zum Aufstieg war eine Viertelstunde vom Hotel entfernt und ab hier war der Weg wunderbar. Er schlängelte sich durch die Hanggrundstücke immer im Schatten. Wir genossen das, denn die Sonne hatte schon ne Menge Kraft, wenn es auch noch früh am Tag war. Die Wetter-App hat heute 29 Grad Celsius vorhergesagt.
Nach wenigen Höhenmetern wurden wir gewarnt, dass wir den Weg nicht verlassen sollen, Bogenschützen hätten ihr Übungsgelände im Wald. Und plötzlich tauchte aus dem Wald ein Robin Hood mit Pfeil und Bogen und dickem Wamps auf. Die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume brachen, beleuchteten genau den Platz, auf dem er stand, er zielte und schoss ab.
In Tangern ging es vorbei am Golfplatz, wo die Golfer auch die wenigen Meter von Loch zu Loch mit den elektrischen Golfmobil zurücklegten.
Wir legten heute wirklich nur die allerallernötigste Strecke auf Asphalt zurück. Nach Tangern führte ein Forstweg hinauf zur ersten Hütte, zur Pichlhütte. Er wurde auch von Ausflüglern genutzt, die die 700 Höhenmeter bis zur Hütte sparen wollten und von hier loswanderten, oder gar nicht wanderten und nur zu Mittag aßen und wieder nach unten fuhren. Der Forstweg wand sich in Serpentinen, schön schattig und mit gleichbleibenden Anstieg nach oben. Das Bergaufgehen funktionierte gut, eigentlich wie von ganz alleine, wie ein Roboter. Linker Fuß vor rechten Fuß und dann wieder rechter Fuß vor linken Fuß. 1600 Höhenmeter waren zu absolvieren. (16 Mal die Halde Hohewardt hochlaufen.) Der absolute Höhenunterschied betrug von Seeboden (650 über N.N.) zum Tschiernock (Gipfelkreuz 2085 über N.N.) 1435 Meter. Bis zur Pichlhütte gab es nichts Besonderes, aber wir sahen wieder dieses schwarze Eichhörnchen mit weißem Latz. Wahrscheinlich war es ein Hermelin. Zu Beginn des Weges gab es noch romantische Blicke auf den Millstätter See, an den Wegrändern gab es wieder lecker Bückware.
In der Pichlhütte pichelten wir jeder einen halben Liter Flüssigkeit weg. Die Sirenen heulten (Samstag 12 Uhr) und wir brachen zur Sonnenegghütte auf. Es ging über Almwiesen, ziemlich steil bergauf, doch dann mussten wir die mit Schweiß erkauften Höhenmeter wieder bergab gehen. Komoot war uns eine gute Hilfe, wenn mal die Trail-Markierungen fehlten. Die Temperatur blieb konstant, denn die Temperaturzunahme durch die immer höher am Himmel stehende Sonne, wurde kompensiert durch die Höhe. Auch der frische Wind, der mit der Höhe zunahm, ließ den Motor nicht überhitzen. An der Sonnenegghütte hatten wir uns schon auf 1700 Meter Höhe gequält und machten Mittagspause (Toma aß einen kleinen Salat). Von hier waren es noch etwa 350 Höhenmeter bis zum Gipfel. Je höher wir kamen, um so klarer wurde das Bild, wo wir noch hinwollten / mussten. Wir sahen die Gipfel / den Grat. Einfach fiel es uns nicht, denn jetzt gab es keinen Schatten mehr und die Sonne brannte. Die Sicht hatte sich auch eingetrübt und es bildeten sich eigentlich schon Gewitterwolken, doch es war weder Regen noch Gewitter für heute angesagt. Von den Zeichen, der schwülen Luft, dem Wolkenbild und später auch dem auffrischenden Wind war eigentlich mit Gewitter zu rechnen, doch noch stapften wir bergauf und waren guten Mutes, nicht nass zu werden, denn direkt über uns war noch blauer Himmel. Gegen ¾ Vier erreichten wir den Tschiernock. Ein schönes Gefühl und wir waren auch nicht voll ausgepowert, naja die Komoot-App sagte ja auch noch 1 Stunde 40 Minuten Gehzeit voraus. Vom Tschiernock hatte man einen ungestörten Rundumblick in fast alle Richtungen. Man sieht den Hauptkamm, den Großglockner, die Karnischen Alpen und hinunter zum Millstätter See konnte man auch schauen. Im Westen braute sich etwas zusammen, das Vertrauen in die Wetter-App schwand. Wir tranken etwas und liefen weiter. Es war ein schöner Kammweg. Endlich mal ein Kammweg. Ich hatte das Gefühl ein wenig vermisst, oben zu laufen und zu beiden Seiten ins Grenzenlose schauen zu können. Als ich mich aber nach 5 Minuten umschaute, war das Gefühl wie weggeblasen, denn eine schwarze Wolkenwand hatte sich aufgemacht und bewegte sich mit dem auffrischenden Wind direkt auf uns zu. Wir hatten noch mehr als 1,5 Stunden auf dem Kamm zu gehen und ins Gewitter auf dem Kamm wollte ich auf keinem Fall kommen. Wir legten im Tempo zu. Es ging auf und ab, drei oder vier Gipfel waren noch zu passieren. Die Wolke hatte auch im Tempo zugelegt, wir steigerten uns noch einmal. Toma gab auch alles. Wenn beim Aufstieg das Knie oder der Fuß weh getan hatten und ich mir schon Sorgen gemacht hatte, waren alle Wehwehchen vergessen und wie weggeblasen. Der Weg war ja auch zu beachten, wir liefen ja nicht auf einem Forstweg und in solchen Situationen kann es dann schnell mal zu einem Fehltritt kommen, doch hinter uns hoch oben, gefühlt aber direkt in unserem Nacken, schob sich die Wolke immer näher und näher. Es grummelte schon und auf dem Anstieg zum letzten Gipfel fielen die ersten Tropfen, der Wind wurde böig und wir zogen schnell unsere Regenjacken an und stülpten den Rucksack-Cover drüber. Am höchsten Punkt standen die Wegweiser zu den Hütten. Unsere Hütte befand sich nach dem Etappenziel und wir verließen die Orginalroute und begaben uns direkt zur Millstätter Hütte. Laut Wegweiser waren es noch 30 Minuten. Sehen konnte man die Hütte noch nicht, aber 30 Minuten waren schon mal eine überschaubare Zeit. Jetzt hieß es nur noch schnell vom Kamm runter zu kommen, damit wir nicht als höchster Punkt vom Blitz bevorzugt wurden. Die letzten Reserven wurden mobilisiert und im Eiltempo ging es die letzte Strecke bergab. Nach 10 Minuten sahen wir die Hütte auch schon und allmählich entspannte ich mich ein wenig. Die von Komoot angegebene Wegzeit unterboten wir drastisch, wir benötigten nur 55 Minuten und schafften so auch die Gesamtstrecke in 8 Stunden.
Das Erste, was Toma an der Hütte entdeckte, war die Speisekarte und da standen Kletzennudeln drauf. Das Gericht, was im Reiseführer wie warme Semmeln angeboten wurde, dass es jedoch in keinem Restaurant zu Essen gab. Wir bestellten 2 Stück. Eile in unser Lager zu kommen, hatten wir eh nicht, also erst einmal Kräfte und Flüssigkeitsvorräte wieder auffüllen. Es schien, als wäre kaum jemand da. Wir fragten, ob sie vielleicht noch ein Zweibettzimmer für uns hätten. Und siehe da, als die Chefin erschien, durften wir in einem separaten Zimmer schlafen. Die Hütte schien sich ein wenig von den üblichen Alpenvereinshütten zu unterscheiden. Es gab eine heiße Dusche umsonst, sogar WLAN konnten wir nutzen und völlig verdutzt war ich, als die Wirtin sagte, dass es Frühstück erst um halb Acht gäbe.
Tja wie gesagt, der schönste Tag unserer Reise bisher. Schade das kein Gesprächspartner da war, was natürlich auf einer normalen Hütte kein Problem ist.
Das Gewitter oder sagen wir besser der Regen setzte dann doch noch ein, und die Blicke in die Ferne waren wieder dramatisch, fantastisch wie die tiefhängenden Wolken mit der Bergkulisse im Hintergrund ein biblisches Bild abgaben und dann wie mit einem Schwamm das gesamte Bild durch den Regen weggewischt wurde.
Abendbrot – sehr, sehr reichlich, obwohl nur eine kleine Suppe und drei Nudeln. Wir sind die Letzten im Aufenthaltsraum und Toma fallen gleich die Augen zu.
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