Anreise und Etappe-1
Anreise 26.6. 2023
Fast wären wir auf dem Recklinghäuser Hauptbahnhof gestrandet, bevor wir eigentlich richtig unterwegs waren. Los ging es sehr pünktlich um 5.45 Uhr zu Fuß zum Bahnhof in Marl – Sinsen. Die erste bergsteigerische Herausforderung war der Aufstieg zum Gleis, da der Fahrstuhl nicht funktionierte. Gut so, dann konnten wir nicht mit der Seilbahnnutzung oder sonstigen Hilfsmitteln die selbst auferlegte Challenge gefährden. () Der Regio brachte uns die eine Haltestelle nach Reki, und wir genehmigten uns ein zweites Frühstück im Bahnhofsrestaurant. Ich hatte die Abfahrtszeit mit 7 Uhr in Erinnerung und auch gestern Abend noch den Zug gegoogelt, doch er fuhr schon 6.52 Uhr und als wir den Bahnsteig betraten stand der Zug schon zur Abfahrt bereit. Wir stiegen ein, glücklich, die Reise nicht gleich mit der ersten Katastrophe begonnen zu haben.
Obwohl der Zug weitgehend leer war, fanden wir nur schwer einen nicht reservierten Tischplatz. Der Wagen 9 fehlte heute.
Wir nähern uns also sehr umweltgerecht unserem Startpunkt auf dem Adria Trail, mit der Bahn. 33 Etappen von Heilgenblut, am Großglockner bis an die Adria Küste, durch 3 Länder, Österreich, Slowenien, Italien. Die Unterkünfte sind vorgebucht und sogar schon bezahlt, das Wetter ist warm und trocken, die Muskeln sind vorbereitet, die GPS-Daten der Tracks und das Gewicht der Rucksäcke optimiert. Mein Rucksack wiegt 13,5 Kilogramm (letzte Wiegung direkt vor dem Verlassen der Wohnung, inklusive beider Stöcke und Tomas Hüttenschuhe) Rechnet man die Stöcke ab und die 2,5 Kilogramm für die Technik (Fotoapparat und Zubehör) würde der Rucksack immer noch 9-10 Kilo wiegen. Mir ist schon schleierhaft, wie man mit 12 Kilo Gesamtgewicht bei zusätzlich einem Zelt, Verpflegung, Kocher, Schlafsack und Matratze quer durch Schottland wandern kann. (Vortrag im Alpenverein Mai 2023)
Die Optimierung des Rucksackinhaltes ist auch nach 5 Jahren und regelmäßiger großer Touren immer noch nicht abgeschlossen, obwohl wir bei jedem Start fest überzeugt sind, das Optimum gefunden zu haben. Auf den Gepäckservice (Gepäcktransport von Hütte zu Hütte) haben wir aus finanziellen Gründen verzichtet (über 1000 Euro pro Person). Aber wieviel hätten wir denn wirklich transportieren lassen? Vielleicht 3-4 Kilo pro Person, denn die meisten Sachen möchte man ja eh unterwegs dabeihaben.
Der Zug steht und wir haben eh schon Verspätung und sammeln noch einige Minuten mehr ein. Mit mir am Tisch sitzt eine junge Kunstlehrerin, die im letzten Jahr einen Teil des Adriatrails mit dem Fahrrad gemacht hat. Die Stimmung im Wagen ist fast familiär. Die Verspätung schweißt zusammen. Die Deutsche Bahn hat also eine teambildende Prägung. Zurzeit befinden sich Kinder auf den Gleisen (in NRW sind Ferien und die Kinder haben viel Zeit zum Spielen) und wir hoffen mal, dass sie die Eltern bald von dort abholen. Wir stehen zwischen Köln und Bonn und die Passagiere aus Köln, die nicht unerwarteter Weise sehr gut zu hören sind, sind gerade mal 5 Minuten gefahren und begeistert von der DB. Sehr unterhaltsam den Kölnern zuzuhören, sie kommen ja beim Sprechen ohne Sauerstoff aus.
Es wird spannend, die junge Frau mir gegenüber ist Theresia, die Kunstlehrerin von Leo und Tom. Wir haben viel zu erzählen. (Das bestätigt wieder die Theorie, dass bei einem ersten Treffen zweier unbekannter Menschen, die Wahrscheinlichkeit bei 50% liegt, dass sie gemeinsame Bekannte haben.) Ein Beweisfoto von unserem Zusammentreffen haben wir den Enkeln schon geschickt. Es wird wahrscheinlich Grauen auslösen, wie immer, wenn die Großeltern in den Dunstkreis der schulischen Bekannten unser Enkel geraten.
Wir erreichen Koblenz Hauptbahnhof und die Verspätung hat 54 Minuten erreicht. Diese Strecke entlang des Rheins ist besonders schön, nicht so schnell wie die Alternative über Frankfurt, aber viel idyllischer. Es geht vorbei an der Loreley, an Kaub mit der Burg im Rhein und mit Blick auf viele Schlösser und Burgen an den Berghängen des Flusses.
Im Wagen sitzen überwiegend Fahrradfahrer, denn im hinteren Teil des Wagons sind Transportmöglichkeiten für Fahrräder. Diese erfreuen sich heutzutage großer Nachfrage und man muss einen Platz rechtzeitig bestellen. Ein wenig deplatziert kommen wir uns als Wanderer schon vor, besonders, wenn wir ringsum hören, dass der Alpe-Adria-Trail von den Radfahrern in weniger als einer Woche absolviert wird (es bleibt unklar, ob es dieselbe Strecke ist, die wir wandern).
Wir sind in Ulm und Theresia steigt aus, ebenso mein Tischnachbar und jetzt haben wir einen 4er Tischplätze ganz für uns alleine. Der Schaffner hat die erste Eskalationsstufe im Kampf gegen die Hitze eingeleitet. Die Klimatisierung ist ausgefallen und wir durften die kleinen Fenster öffnen. Sollte das nicht reichen, wird der Wagen evakuiert und wir müssen in einen anderen umziehen. (Höchstwahrscheinlich in die 1. Klasse) Ich wollte mich schon opfern und umfallen. Toma malt Strichmännchen, alle unterschiedlich. Dafür wurde kein Gewicht im Rucksack gespart, chinesisch muss sein.
Wir sehen die Berge. München liegt hinter uns und jetzt, in diesem Moment, spüre ich die Energiekrise hautnah. Die Stimmung im Wagon strebt auf einen neuen Höhepunkt zu. Der Zug steht. Kein Strom. Kein Strom – keine Klimaanlage, aber alle möglichen lustigen Kommentare. Die Kölner machen gerade Ihre sommerliche Karnevalssitzung. Ganz schön spitze Bemerkungen. Die Zugdurschsage meinte „I also don’t now, what is facto.“ Sehr international die Bahn. Jetzt ist die Zugbegleiterin bei uns und wird mit den Worten begrüßt: „Ist das die Frau mit dem Aufguss“. Wir haben heute schon etliche Ausreden gehört, Kinder auf den Schienen, Baustelle, unplanmäßiger Lokwechsel und nun ist es halt Stromausfall. Auf einem Kölner-Handy läuft der Hit- Thank you for travelling with Deutsche Bahn (von Weißgeist oder so ähnlich) Die ersten stehen im Unterhemd im Gang. Es ist so ähnlich wie in einem großen Stehstau auf der Autobahn, wenn Verbrüderung gefeiert wird.
Nun ist auch noch das Bier der Kölner aus dem Speisewagen warm, da auch dort die Kühlung begrenzt wird. Ich zweifle, ob das der Stimmung wohl guttut.
Auf die Frage, wann sind wir denn heute Abend bloß in der Pension sind, Antwort: Du bist schon in Pension. Nun haben wir wieder Strom (kam gerade über den wieder aktiven Bordfunk).
Aber wir haben ein neues Problem, vor uns ist ein Stau, also Züge auf der Strecke und ich sitze in der prallen Sonne und wir bewegen uns noch immer nicht vom Fleck.
Ich hoffe auf Galilei, der ja postulierte: Und sie bewegt sich doch. Das war natürlich zu einer Zeit, als man die Deutsche Bahn noch nicht erfunden hatte.
Wir sind jetzt 10 Stunden unterwegs, und haben schon eine Menge erlebt. Thank you Deutsche Bahn.
Nachtrag: Abendessen im Eggerhof – Nudelpfanne (Teigtaschen gefüllt) Zum Glück schauten wir noch an der Bushaltestelle vorbei und erkannten so, dass der Fahrplan, der im Hotel auslag nicht stimmte. Der Bus fuhr fast eine Stunde früher.
27.6.2023 1. Wandertag Franz-Joseph-Höhe- Heiligenblut
Wir sind zurück von der ersten Etappe, die Augen wollen mir zufallen, nachdem ich mich heiß geduscht, die Beinmuskeln mit dem heißen Wasser aufgewärmt und ein wenig entspannt habe. Die Tour hat begonnen und ein schöner erster Tag ist Geschichte.
Bevor es losgehen konnte mussten wir erst von Mallnitz nach Heiligenblut mit dem Bus fahren. Er fuhr fahrplanmäßig, die Erinnerungen an die Deutsche Bahn verblassten. Dafür gab es eine andere kleine Aufregung. Als wir nämlich den Plan für heute laden, bemerkten wir, dass uns ein Shuttle von Heiligblut zum Franz-Josef-Platz bringen sollte und zwar um neun Uhr. Es war kurz vor neun und informierte das Servicezentrum – unsere Reiseagentur, dass wir nicht rechtzeitig an der angegebenen Stelle sein können. Die Antwort war, nach Rücksprache mit dem Shuttleunternehmen, dass wir 12 Euro dazuzahlen sollten. Das ging Toma gegen den Strich, berechtigterweise, denn das Shuttle war nur für uns gebucht, und die Agentur saß in Mallnitz, kannte also die Busverbindungen nach Heiligenblut ganz genau und hatte das Shuttle für uns zu einer Zeit bestellt, wo wir mit keinem öffentlichen Verkehrsmittel Heilgenblut erreichen konnten. Antwort von der Serviceagentur, Ihr hättet ja bei uns einen privaten Transfer buchen können. Nach dem zweiten Anruf konnten wir die Sache jedoch friedlich aus der Welt schaffen und wurden nach Ankunft mit dem Bus zum Ausgangspunkt des Weges, der Franz Joseph Höhe gefahren (es ging entlang der Großglockner Straße).
Eine Viertelstunde vor 11 Uhr betraten wir den Adria-Trail. 5,5 Stunden, 1300 Höhenmeter bergab und fast 300 bergauf standen heute auf dem Programm. Kaum 100 Meter gegangen trat Toma auf einen großen Stein, der langsam zur Seite des Abhangs wegkippte und konnte erst im letzten Moment den Stein verlassen. Glück gehabt. Nach weiteren 100 Metern knickte ich mit dem rechten Fuß um, und es waren keine 10 Minuten vergangen, als ich auch meinen linken Fuß überdehnte. Obwohl wir langsam, vorsichtig und auf Sicherheit bedacht liefen (Vorsicht heißt wohl in unserem Alter nicht unbedingt garantierte Sicherheit), passierten diese Dinge. Wir waren halt im Hochgebirge und die Wege nicht gepflastert.
Die Beine fühlten sich ein wenig an wie Watte. Der Blick auf die Berge war natürlich schön, nicht umwerfend, weil der Himmel grau in grau war, aber schön. Die Spitze des Großglockners versteckte sich zu Beginn noch in den Wolken, kam aber später für ein Foto zum Vorschein.
Es war recht kühl, besonders wenn der Wind auffrischte.
Die steilen, mit Steinen vollgepackten Wege, liefen wir recht langsam. Am Abend zeigte sich jedoch, dass wir die vorgegebene Zeit unterschritten hatten. Toma legte nach 500 Höhenmetern die Kniebandagen an, die Erleichterung verschafften. Auch die Stöcke nahmen Gewicht von den Knien.
Nach etwa 3 Stunden bergab kamen wir an einem Kraftplatz vorbei, der heiligen Quelle der Bricciuskapelle, wo wir erschöpft und schlaff auf eine Bank fielen und uns ausruhten. Der Kraftplatz ließ uns aber wieder aufstehen. Als ein weiterer Kraftplatz wurde dort die Kirche in Heiligenblut ausgewiesen. Leider war sie geschlossen heute Abend, doch das dies ein Kraftplatz ist, würde ich eher glauben, denn wir haben gut gesättigt nach dem Abendbrot dort vorbeigeschaut und die Reserven waren wieder aufgefüllt. Trotz des eines oder anderen Zipperleins, was am ersten Tag wohl unter ganz normal zu verbuchen ist, war es ein fantastischer erster Wandertag. Am Nachmittag kam noch die Sonne heraus und nachdem wir den Leiter- Wasserfall passiert hatten, war der Weg fast lieblich, weniger steil, doch gespickt mit tollen Aussichten hinunter ins Tal auf das Bergsteigerdorf Heiligenblut. Auf der Sattleralb gönnten wir uns eine Pause, Toma aß eine Jogurt, ich trank einen Cappuccino mit Schlagoberem und als das gegessen war, konnte ich auf den Grund der Tasse schauen, Kaffee war wahrscheinlich aus.
Die Unterkunft ist wieder sehr schön, das Abendbrot nahmen wir in der Nationalpark-Lodge ein, sehr lecker. Und wie bereits berichtet, wollten wir noch beichten gehen, Kraft tanken, aber heute war wohl kein guter Tag dafür, die Kirche war geschlossen.
Nachtrag: Was unbedingt noch zu erwähnen wäre und ich bei dem Bericht des erlebnisreichen Tages vergessen habe, war, wir passierten ein Wolfsgebiet und wurden gewarnt, nein nicht vor dem Wolf, sondern dass die Kühe gegebenenfalls nervös reagieren können. Dass wir einen Wolf zu Gesicht bekommen, habe ich nicht gehofft, Toma, dass wir keine Kühe zu Gesicht bekommen und beide Hoffnungen gingen in Erfüllung.
1,7km Asphalt
Fast wären wir auf dem Recklinghäuser Hauptbahnhof gestrandet, bevor wir eigentlich richtig unterwegs waren. Los ging es sehr pünktlich um 5.45 Uhr zu Fuß zum Bahnhof in Marl – Sinsen. Die erste bergsteigerische Herausforderung war der Aufstieg zum Gleis, da der Fahrstuhl nicht funktionierte. Gut so, dann konnten wir nicht mit der Seilbahnnutzung oder sonstigen Hilfsmitteln die selbst auferlegte Challenge gefährden. () Der Regio brachte uns die eine Haltestelle nach Reki, und wir genehmigten uns ein zweites Frühstück im Bahnhofsrestaurant. Ich hatte die Abfahrtszeit mit 7 Uhr in Erinnerung und auch gestern Abend noch den Zug gegoogelt, doch er fuhr schon 6.52 Uhr und als wir den Bahnsteig betraten stand der Zug schon zur Abfahrt bereit. Wir stiegen ein, glücklich, die Reise nicht gleich mit der ersten Katastrophe begonnen zu haben.
Obwohl der Zug weitgehend leer war, fanden wir nur schwer einen nicht reservierten Tischplatz. Der Wagen 9 fehlte heute.
Wir nähern uns also sehr umweltgerecht unserem Startpunkt auf dem Adria Trail, mit der Bahn. 33 Etappen von Heilgenblut, am Großglockner bis an die Adria Küste, durch 3 Länder, Österreich, Slowenien, Italien. Die Unterkünfte sind vorgebucht und sogar schon bezahlt, das Wetter ist warm und trocken, die Muskeln sind vorbereitet, die GPS-Daten der Tracks und das Gewicht der Rucksäcke optimiert. Mein Rucksack wiegt 13,5 Kilogramm (letzte Wiegung direkt vor dem Verlassen der Wohnung, inklusive beider Stöcke und Tomas Hüttenschuhe) Rechnet man die Stöcke ab und die 2,5 Kilogramm für die Technik (Fotoapparat und Zubehör) würde der Rucksack immer noch 9-10 Kilo wiegen. Mir ist schon schleierhaft, wie man mit 12 Kilo Gesamtgewicht bei zusätzlich einem Zelt, Verpflegung, Kocher, Schlafsack und Matratze quer durch Schottland wandern kann. (Vortrag im Alpenverein Mai 2023)
Die Optimierung des Rucksackinhaltes ist auch nach 5 Jahren und regelmäßiger großer Touren immer noch nicht abgeschlossen, obwohl wir bei jedem Start fest überzeugt sind, das Optimum gefunden zu haben. Auf den Gepäckservice (Gepäcktransport von Hütte zu Hütte) haben wir aus finanziellen Gründen verzichtet (über 1000 Euro pro Person). Aber wieviel hätten wir denn wirklich transportieren lassen? Vielleicht 3-4 Kilo pro Person, denn die meisten Sachen möchte man ja eh unterwegs dabeihaben.
Der Zug steht und wir haben eh schon Verspätung und sammeln noch einige Minuten mehr ein. Mit mir am Tisch sitzt eine junge Kunstlehrerin, die im letzten Jahr einen Teil des Adriatrails mit dem Fahrrad gemacht hat. Die Stimmung im Wagen ist fast familiär. Die Verspätung schweißt zusammen. Die Deutsche Bahn hat also eine teambildende Prägung. Zurzeit befinden sich Kinder auf den Gleisen (in NRW sind Ferien und die Kinder haben viel Zeit zum Spielen) und wir hoffen mal, dass sie die Eltern bald von dort abholen. Wir stehen zwischen Köln und Bonn und die Passagiere aus Köln, die nicht unerwarteter Weise sehr gut zu hören sind, sind gerade mal 5 Minuten gefahren und begeistert von der DB. Sehr unterhaltsam den Kölnern zuzuhören, sie kommen ja beim Sprechen ohne Sauerstoff aus.
Es wird spannend, die junge Frau mir gegenüber ist Theresia, die Kunstlehrerin von Leo und Tom. Wir haben viel zu erzählen. (Das bestätigt wieder die Theorie, dass bei einem ersten Treffen zweier unbekannter Menschen, die Wahrscheinlichkeit bei 50% liegt, dass sie gemeinsame Bekannte haben.) Ein Beweisfoto von unserem Zusammentreffen haben wir den Enkeln schon geschickt. Es wird wahrscheinlich Grauen auslösen, wie immer, wenn die Großeltern in den Dunstkreis der schulischen Bekannten unser Enkel geraten.
Wir erreichen Koblenz Hauptbahnhof und die Verspätung hat 54 Minuten erreicht. Diese Strecke entlang des Rheins ist besonders schön, nicht so schnell wie die Alternative über Frankfurt, aber viel idyllischer. Es geht vorbei an der Loreley, an Kaub mit der Burg im Rhein und mit Blick auf viele Schlösser und Burgen an den Berghängen des Flusses.
Im Wagen sitzen überwiegend Fahrradfahrer, denn im hinteren Teil des Wagons sind Transportmöglichkeiten für Fahrräder. Diese erfreuen sich heutzutage großer Nachfrage und man muss einen Platz rechtzeitig bestellen. Ein wenig deplatziert kommen wir uns als Wanderer schon vor, besonders, wenn wir ringsum hören, dass der Alpe-Adria-Trail von den Radfahrern in weniger als einer Woche absolviert wird (es bleibt unklar, ob es dieselbe Strecke ist, die wir wandern).
Wir sind in Ulm und Theresia steigt aus, ebenso mein Tischnachbar und jetzt haben wir einen 4er Tischplätze ganz für uns alleine. Der Schaffner hat die erste Eskalationsstufe im Kampf gegen die Hitze eingeleitet. Die Klimatisierung ist ausgefallen und wir durften die kleinen Fenster öffnen. Sollte das nicht reichen, wird der Wagen evakuiert und wir müssen in einen anderen umziehen. (Höchstwahrscheinlich in die 1. Klasse) Ich wollte mich schon opfern und umfallen. Toma malt Strichmännchen, alle unterschiedlich. Dafür wurde kein Gewicht im Rucksack gespart, chinesisch muss sein.
Wir sehen die Berge. München liegt hinter uns und jetzt, in diesem Moment, spüre ich die Energiekrise hautnah. Die Stimmung im Wagon strebt auf einen neuen Höhepunkt zu. Der Zug steht. Kein Strom. Kein Strom – keine Klimaanlage, aber alle möglichen lustigen Kommentare. Die Kölner machen gerade Ihre sommerliche Karnevalssitzung. Ganz schön spitze Bemerkungen. Die Zugdurschsage meinte „I also don’t now, what is facto.“ Sehr international die Bahn. Jetzt ist die Zugbegleiterin bei uns und wird mit den Worten begrüßt: „Ist das die Frau mit dem Aufguss“. Wir haben heute schon etliche Ausreden gehört, Kinder auf den Schienen, Baustelle, unplanmäßiger Lokwechsel und nun ist es halt Stromausfall. Auf einem Kölner-Handy läuft der Hit- Thank you for travelling with Deutsche Bahn (von Weißgeist oder so ähnlich) Die ersten stehen im Unterhemd im Gang. Es ist so ähnlich wie in einem großen Stehstau auf der Autobahn, wenn Verbrüderung gefeiert wird.
Nun ist auch noch das Bier der Kölner aus dem Speisewagen warm, da auch dort die Kühlung begrenzt wird. Ich zweifle, ob das der Stimmung wohl guttut.
Auf die Frage, wann sind wir denn heute Abend bloß in der Pension sind, Antwort: Du bist schon in Pension. Nun haben wir wieder Strom (kam gerade über den wieder aktiven Bordfunk).
Aber wir haben ein neues Problem, vor uns ist ein Stau, also Züge auf der Strecke und ich sitze in der prallen Sonne und wir bewegen uns noch immer nicht vom Fleck.
Ich hoffe auf Galilei, der ja postulierte: Und sie bewegt sich doch. Das war natürlich zu einer Zeit, als man die Deutsche Bahn noch nicht erfunden hatte.
Wir sind jetzt 10 Stunden unterwegs, und haben schon eine Menge erlebt. Thank you Deutsche Bahn.
Nachtrag: Abendessen im Eggerhof – Nudelpfanne (Teigtaschen gefüllt) Zum Glück schauten wir noch an der Bushaltestelle vorbei und erkannten so, dass der Fahrplan, der im Hotel auslag nicht stimmte. Der Bus fuhr fast eine Stunde früher.
27.6.2023 1. Wandertag Franz-Joseph-Höhe- Heiligenblut
Wir sind zurück von der ersten Etappe, die Augen wollen mir zufallen, nachdem ich mich heiß geduscht, die Beinmuskeln mit dem heißen Wasser aufgewärmt und ein wenig entspannt habe. Die Tour hat begonnen und ein schöner erster Tag ist Geschichte.
Bevor es losgehen konnte mussten wir erst von Mallnitz nach Heiligenblut mit dem Bus fahren. Er fuhr fahrplanmäßig, die Erinnerungen an die Deutsche Bahn verblassten. Dafür gab es eine andere kleine Aufregung. Als wir nämlich den Plan für heute laden, bemerkten wir, dass uns ein Shuttle von Heiligblut zum Franz-Josef-Platz bringen sollte und zwar um neun Uhr. Es war kurz vor neun und informierte das Servicezentrum – unsere Reiseagentur, dass wir nicht rechtzeitig an der angegebenen Stelle sein können. Die Antwort war, nach Rücksprache mit dem Shuttleunternehmen, dass wir 12 Euro dazuzahlen sollten. Das ging Toma gegen den Strich, berechtigterweise, denn das Shuttle war nur für uns gebucht, und die Agentur saß in Mallnitz, kannte also die Busverbindungen nach Heiligenblut ganz genau und hatte das Shuttle für uns zu einer Zeit bestellt, wo wir mit keinem öffentlichen Verkehrsmittel Heilgenblut erreichen konnten. Antwort von der Serviceagentur, Ihr hättet ja bei uns einen privaten Transfer buchen können. Nach dem zweiten Anruf konnten wir die Sache jedoch friedlich aus der Welt schaffen und wurden nach Ankunft mit dem Bus zum Ausgangspunkt des Weges, der Franz Joseph Höhe gefahren (es ging entlang der Großglockner Straße).
Eine Viertelstunde vor 11 Uhr betraten wir den Adria-Trail. 5,5 Stunden, 1300 Höhenmeter bergab und fast 300 bergauf standen heute auf dem Programm. Kaum 100 Meter gegangen trat Toma auf einen großen Stein, der langsam zur Seite des Abhangs wegkippte und konnte erst im letzten Moment den Stein verlassen. Glück gehabt. Nach weiteren 100 Metern knickte ich mit dem rechten Fuß um, und es waren keine 10 Minuten vergangen, als ich auch meinen linken Fuß überdehnte. Obwohl wir langsam, vorsichtig und auf Sicherheit bedacht liefen (Vorsicht heißt wohl in unserem Alter nicht unbedingt garantierte Sicherheit), passierten diese Dinge. Wir waren halt im Hochgebirge und die Wege nicht gepflastert.
Die Beine fühlten sich ein wenig an wie Watte. Der Blick auf die Berge war natürlich schön, nicht umwerfend, weil der Himmel grau in grau war, aber schön. Die Spitze des Großglockners versteckte sich zu Beginn noch in den Wolken, kam aber später für ein Foto zum Vorschein.
Es war recht kühl, besonders wenn der Wind auffrischte.
Die steilen, mit Steinen vollgepackten Wege, liefen wir recht langsam. Am Abend zeigte sich jedoch, dass wir die vorgegebene Zeit unterschritten hatten. Toma legte nach 500 Höhenmetern die Kniebandagen an, die Erleichterung verschafften. Auch die Stöcke nahmen Gewicht von den Knien.
Nach etwa 3 Stunden bergab kamen wir an einem Kraftplatz vorbei, der heiligen Quelle der Bricciuskapelle, wo wir erschöpft und schlaff auf eine Bank fielen und uns ausruhten. Der Kraftplatz ließ uns aber wieder aufstehen. Als ein weiterer Kraftplatz wurde dort die Kirche in Heiligenblut ausgewiesen. Leider war sie geschlossen heute Abend, doch das dies ein Kraftplatz ist, würde ich eher glauben, denn wir haben gut gesättigt nach dem Abendbrot dort vorbeigeschaut und die Reserven waren wieder aufgefüllt. Trotz des eines oder anderen Zipperleins, was am ersten Tag wohl unter ganz normal zu verbuchen ist, war es ein fantastischer erster Wandertag. Am Nachmittag kam noch die Sonne heraus und nachdem wir den Leiter- Wasserfall passiert hatten, war der Weg fast lieblich, weniger steil, doch gespickt mit tollen Aussichten hinunter ins Tal auf das Bergsteigerdorf Heiligenblut. Auf der Sattleralb gönnten wir uns eine Pause, Toma aß eine Jogurt, ich trank einen Cappuccino mit Schlagoberem und als das gegessen war, konnte ich auf den Grund der Tasse schauen, Kaffee war wahrscheinlich aus.
Die Unterkunft ist wieder sehr schön, das Abendbrot nahmen wir in der Nationalpark-Lodge ein, sehr lecker. Und wie bereits berichtet, wollten wir noch beichten gehen, Kraft tanken, aber heute war wohl kein guter Tag dafür, die Kirche war geschlossen.
Nachtrag: Was unbedingt noch zu erwähnen wäre und ich bei dem Bericht des erlebnisreichen Tages vergessen habe, war, wir passierten ein Wolfsgebiet und wurden gewarnt, nein nicht vor dem Wolf, sondern dass die Kühe gegebenenfalls nervös reagieren können. Dass wir einen Wolf zu Gesicht bekommen, habe ich nicht gehofft, Toma, dass wir keine Kühe zu Gesicht bekommen und beide Hoffnungen gingen in Erfüllung.
1,7km Asphalt